Dr. Robert Zores, CDIO (Chief Digital & Information Officer) der REWE digital, über den Supermarkt der Zukunft, technologische Mutproben und die Bedeutung von Austauschformaten wie der RETAIL NXT.
Ende September findet erneut die RETAIL NXT in Frankfurt statt. Die REWE digital ist seit der ersten Stunde dabei und war auch maßgeblich an der Gründung der Konferenz für Retail Technology beteiligt: Wie kam es zu dem Format?
Dr. Robert Zores: Viele Händler – wir eingeschlossen – standen vor den gleichen Fragen: Welche Technologien sind zukunftsfähig? Was lässt sich damit auch im Sinne unserer Kund:innen erreichen? Und vor allem: Welche Kompetenzen brauchen wir als Händler, um den technologischen Wandel aktiv zu gestalten?
Aus diesem Bedarf heraus entstand die Idee, einen Raum für fachlichen Austausch zu schaffen – als Orientierungshilfe in einem zunehmend komplexen Technologieumfeld. Und so wurde RETAIL NXT geboren. Die REWE digital hat das Format von Beginn an begleitet und, wenn man so will, „Geburtshilfe“ geleistet.
Drei Jahre später – wie hat sich die RETAIL NXT entwickelt?
Dr. Robert Zores: Um bei der Analogie zu bleiben: Man weiß ja nie, wie sich ein „Baby“ entwickelt – aber RETAIL NXT hat unsere Erwartungen übertroffen: Sie ist heute eine etablierte Plattform für Austausch, neue Impulse und gemeinsames Lernen. Hier pflegen wir wertvolle Kontakte und diskutieren eine breite Themenpalette – von Master Data Management bis hin zu Prozessoptimierung und Kassensystemen. Sie ist ein echtes Fachforum geworden.
Der offene Dialog mit der Branche hilft uns als REWE Group, technologische Entwicklungen besser einzuordnen und Investitionen gezielter zu steuern. Die steigenden Teilnehmer:innenzahlen und das wachsende Interesse relevanter Marktakteure zeigen: Der Bedarf ist da – und wir hatten den richtigen Riecher.
Welche Impulse erhoffst du dir von der diesjährigen Ausgabe? Was braucht die Branche und was treibt die REWE digital aktuell besonders um?
Dr. Robert Zores: Ganz klar: Künstliche Intelligenz. Wir sind aktuell stark auf der Suche nach praxistauglichen KI-Agenten. Viele Lösungen stehen in den Startlöchern, aber wir wollen wissen: Was funktioniert wirklich? Welche Erfahrungen machen andere? Die Branche ist im Experimentiermodus – und das ist gut. Aber wir müssen verstehen, was langfristig tragfähig ist. Bei der REWE digital entwickeln wir in vielen Bereichen bereits intensiv – aber wie bei vielen anderen gibt es noch Luft nach oben.
Was sind die größten Hürden?
Dr. Robert Zores: Es beginnt grundsätzlich bei mentalen Barrieren. Ich nehme, insbesondere in Deutschland, eine gewisse Bedenkenträgerei wahr. Oft berechtigt, etwa bei Themen wie Datenschutz und IT-Sicherheit. Vorsicht darf aber nicht zur Innovationsbremse werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Fortschritt aus Angst vor Risiken blockiert wird.
Technologisch stehen wir ebenfalls vor großen Aufgaben: unausgereifte Standards, instabile Übertragungsprotokolle, rasante Anbieter- und Technologiewechsel. Das erschwert verlässliche Entscheidungen – auch für uns als Unternehmen. Diese Unsicherheit ist Teil des Innovationsprozesses. Entscheidend ist, dass sie uns nicht lähmt.
Was braucht es, um diese Hürden zu überwinden?
Dr. Robert Zores: Deutlich mehr Mut. Ich sage oft: Weniger reden, einfach mal machen. Technologie wird für den Handel immer entscheidender. Wir möchten unseren Kund:innen das bestmögliche Einkaufserlebnis bieten – dafür müssen wir gestalten, nicht nur verwalten. Deshalb setzen wir bewusst auf parallele Entwicklungen – auch wenn das bedeutet, mehrere Wege gleichzeitig zu gehen.
Worauf kommt es dabei deiner Meinung nach besonders an?
Dr. Robert Zores: Auf das richtige Timing. Die entscheidende Frage ist: Wann ist der richtige Zeitpunkt, in bestimmte technische Lösungen zu investieren – und was lernt man daraus?
Es ist wie bei Medikamenten: Sie wirken nie ohne Nebenwirkungen. „Nothing comes for free“. Man sollte wissen, welche Konsequenzen mit der Einführung neuer Technologien verbunden sind – gerade bei den aktuellen KI-Trends. Das geht von technischen Herausforderungen bis hin zu ethischen Implikationen. Deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig mit ihnen auseinanderzusetzen.
Also geht es im Kern um mutige Innovation mit Bedacht?
Dr. Robert Zores: Exakt. Es geht immer um die richtige Balance. Das ist ein bisschen wie beim Arzt: Puls fühlen ist das Minimum. Und alles, was darüber hinausgeht – solange es minimalinvasiv ist – sollte man machen. Wenn es größere Eingriffe erfordert, dann mit Bedacht und Erfahrung. Zeitgleich zahlt sich frühes Handeln aus. Wir verstehen uns als progressiven Marktteilnehmer und Early Adopter.
Wenn du ins Jahr 2030 blickst – wie sieht der Supermarkt der Zukunft aus? Und welche Rolle spielt dabei die REWE digital?
Dr. Robert Zores: Der Supermarkt der Zukunft ist hochautomatisiert, nachhaltig und hyperpersonalisiert: Er wird deutlich stärker auf die Bedürfnisse der Kund:innen ausgerichtet sein.
Der Einstieg, die Orientierung im Laden, der Check-out – all das wird bedeutend einfacher und intuitiver. Die REWE digital und die REWE Group werden dabei eine zentrale Rolle spielen: Wir wollen wissen, was Kund:innen brauchen, bevor sie es sagen. Und wir wollen den Einkaufsprozess so gestalten, dass er so bequem wie möglich und für alle sicher ist – ohne Betrug, ohne Reibung.