Auf der RETAIL NXT 2023 präsentierte Tim Engler, CIO der OBI Gruppe, einen beeindruckenden Einblick in die technologische Transformation eines der größten Baumarktbetreiber Europas. Sein Vortrag skizzierte nicht nur den Weg von Legacy-Systemen zu einer modernen ERP-Landschaft, sondern zeigte auch, wie Supply Chain Innovationen grundlegende Effizienzgewinne ermöglichen.
Digitalisierung im Kern: Warum ERP für den Handel unverzichtbar ist
Engler begann mit einer klaren Botschaft: „ERP ist das Herzstück jedes Händlers.“ Von der Warenbeschaffung über Lagerverwaltung bis hin zum Verkauf – die Basis muss stabil sein, bevor Technologien wie KI oder Omnichannel-Konzepte erfolgreich implementiert werden können.
Sein Fazit: Ohne eine robuste ERP-Architektur gibt es keine Effizienz und keine Skalierbarkeit.
Die Vision: Europas Nummer Eins für Haus und Garten
OBI verfolgt das Ziel, die führende Anlaufstelle für Haus- und Gartenprojekte in Europa zu werden. Im Zentrum dieser Vision steht die Transformation der Supply Chain – von dezentralen Silos hin zu einer zentral gesteuerten, kosteneffizienten Infrastruktur.
Key Facts der Supply Chain Transformation:
- Einführung eines neuen ERP- und Warehouse-Management-Systems (WMS) basierend auf Microsoft Dynamics.
- Aufbau eines zentralen 100.000 Quadratmeter Lagers in Polen innerhalb von nur zwölf Monaten.
- Schrittweise Migration aller Lagerstandorte bis 2024.
Drei Erfolgsfaktoren für den Wandel
Tim Engler erläuterte die drei zentralen Erfolgsfaktoren, die OBI dabei helfen, technologische und organisatorische Herausforderungen zu meistern:
- Fixpunkte und klare Prioritäten
OBI definierte feste Deadlines und Meilensteine – wie das Go-Live des neuen Lagers – als unverschiebbare Fixpunkte. Dadurch war das Unternehmen gezwungen, Priorisierungen vorzunehmen und auf unnötige Komplexität zu verzichten.
„Scope to Time“ war unser Leitsatz: Erst die Deadline, dann der Inhalt.“
- Zusammenspiel von Business und IT
Gemischte Teams aus Business- und IT-Expert:innen arbeiteten eng zusammen, um technologische Entscheidungen direkt an den Geschäftsanforderungen auszurichten. Engler betonte die Bedeutung einer gemeinsamen Zielsetzung und Kommunikation:
„Wenn es schwierig wird, müssen Business und IT zusammenstehen.“
- Fokus auf Standards
OBI entschied sich bewusst für den Einsatz von Proven Standards, um die langfristige Skalierbarkeit und Effizienz der Systeme sicherzustellen. Statt individuelle Sonderlösungen zu entwickeln, wurden Geschäftsprozesse standardisiert:
„99 % der Prozesse lassen sich mit Standardsoftware abbilden – und wir ändern lieber unsere Prozesse als die Software.“
Vom Acker zum automatisierten Lager in 12 Monaten
Ein Highlight des Projekts war der Aufbau des neuen Zentrallagers in Swiebodzin, Polen. Was 2022 noch ein leerer Acker war, wurde bis Januar 2023 zu einem voll funktionsfähigen Logistikzentrum – inklusive neuer ERP- und WMS-Systeme.
Effizienzgewinne:
- 50 % höhere Logistikeffizienz im Vergleich zu alten Systemen.
- Einsparungen in Millionenhöhe durch zentralisierte Steuerung und optimierte Lagerhaltung.
Herausforderungen und Best Practices
Tim Engler sprach offen über die Schwierigkeiten solcher Großprojekte und teilte wertvolle Lessons Learned:
- Minimal Viable Product (MVP): OBI fokussierte sich auf Kernfunktionen wie Warenannahme und -ausgabe. Zusatzfunktionen wie Reportings wurden bewusst in späteren Phasen umgesetzt.
- Externe Partner: Der Erfolg war auch auf die Zusammenarbeit mit erfahrenen Implementierungspartnern zurückzuführen, die umfangreiche Projekterfahrung mitbrachten.
- Agilität im Großprojekt: In vierwöchigen Sprints wurden kontinuierlich Fortschritte erzielt und Entscheidungen angepasst, ohne den Release-Plan zu gefährden.
Die Zukunft: Was kommt nach der ERP-Transformation?
OBI ruht sich nicht auf seinen Erfolgen aus. Neben der weiteren Optimierung der Supply Chain stehen folgende Themen im Fokus:
- E-Commerce und Marktplatz-Integration
- Retail Media als zusätzliche Einnahmequelle
- Filial-Digitalisierung mit innovativen Technologien wie ESLs (Electronic Shelf Labels) und Indoor-Navigation
Fazit: Ein Best Practice für Retail Technology
OBI zeigt, wie eine erfolgreiche Transformation im Handel aussehen kann: Mit einer klaren Vision, einem pragmatischen Ansatz und konsequentem Fokus auf Standards hat das Unternehmen eine technologische Grundlage geschaffen, die nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch langfristig Wachstum ermöglicht.
Die Botschaft von Tim Engler ist klar:
„Bringt eure Teams zusammen, fokussiert euch auf das Ziel und akzeptiert auch kurzfristige Schmerzen, um langfristige Erfolge zu sichern.“
Die Präsentation von OBI ist ein Vorbild für alle Handelsunternehmen, die sich auf den Weg in die digitale Zukunft machen wollen.
